Subproject B07: Modellreduktion für Reaktions-Transport-Systeme im Abgasstrang

Selektive katalytische Reduktion (SCR) ist ein Verfahren zur Reduzierung von Stickoxid-Emissionen bei Verbrennungsmotoren, dessen Bedeutung in den letzten Jahren im Kraftfahrzeugbereich stark zugenommen hat. Bei diesem Verfahren wird Harnstoff in das heiße Abgas injiziert und reagiert danach in Gegenwart eines geeigneten Katalysators mit Stickoxiden zu molekularem Stickstoff.

Die zugrundeliegenden physikalisch-chemischen Prozesse sind noch nicht im Detail verstanden. Es besteht somit ein großer Bedarf an effizienten, genauen Modellen, die sowohl die komplexe Mehrphasenströmung, als auch die detaillierten chemischen Prozesse zuverlässig im Rahmen der Simulationen des Gesamtprozesses beschreiben können.

Das Ziel dieses Projektes ist die Entwicklung reduzierter kinetischer Modelle für das Harnstoff/Abgas-System. Diese werden für Large Eddy Simulationen (LES) der Prozesse im Abgasstrang zur zuverlässigen Beschreibung der komplexen chemischen Kinetik benötigt. Hierzu werden die detaillierten Reaktionsmechanismen für das Modellsystem anhand von mathematisch basierten Reduktionskonzepten analysiert und reduziert. Weiterhin ist bei der Modellreduktion die Koppelung mit Strömungs- und Transportprozessen zu berücksichtigen. Die Einbindungsstrategie des reduzierten Mechanismus in das Gesamtmodell wird ebenfalls entwickelt.

Zur Entwicklung reduzierter kinetischer Modelle für Reaktions-Transportsysteme werde die Mechanismusreduktionskonzepte ILDM (Intrinsic Low-Dimensional Manifolds), GQL (Global Quasi-Linearization) und REDIM (Reaction-Diffusion Manifolds) verwendet (Abb. 1). Durch eine sorgfältige Kombination dieser Modellreduktionsstrategien ist zu erwarten, dass die zugrundeliegenden Reaktionsmechanismen effizient und zuverlässig reduziert werden können.

Als Modellsystem wird ein verdunstendes Tröpfchen einer Harnstofflösung betrachtet. Es wird das eigenentwickelte Programmpaket INSFLA verwendet, dass eine detaillierte 1D Testsimulationen von Tropfenverdunstung und chemischen Reaktionen in der Gasphase erlaubt. Die so simulierten zeit- und ortsabhängigen Temperatur- und Konzentrationsprofile werden dann basierend auf den verschiedenen Reduktionsverfahren analysiert. Hierbei ist zu klären, inwieweit bei dem betrachteten System die Transportprozesse lediglich eine Störung der Kinetik bewirken, die im Rahmen des ILDM- und GQL-Konzeptes berücksichtigen werden kann, oder direkt mit der chemischen Kinetik koppeln, wofür sich das REDIM-Konzept konsequent nutzen lässt. Ein Vergleich mit den entsprechenden Zeitskalen der Transportprozesse erlaubt es abzuschätzen, inwieweit eine Zeitskalenseparation vorliegt. Da der Harnstoff in wässriger Lösung vorliegt, ist es notwendig heterogene Reaktionen anzubinden. Die Verdunstung des Tropfens und Zersetzungsreaktionen des Harnstoffs beim Übergang in die Gasphase sollen global durch geeignete Randbedingungen berücksichtigt werden. Hierdurch ist es möglich, das REDIM-Konzept für die Gasphase direkt anzuwenden und die heterogenen Prozesse müssen lediglich durch Modifikation der Randbedingungen der REDIM-Gleichungen berücksichtigt werden.

Basierend auf diesen Untersuchungen werden dann geeignete Reduktionskonzepte abgeleitet. Für die Implementierung der reduzierten Mechanismen in das Gesamtsystem sind effiziente Tabellierungsverfahren erforderlich. Die jeweiligen Such- und Interpolationsalgorithmen für den Tabellenzugriff werden dann über Schnittstellen verschiedenen Programmpaketen zugänglich gemacht.